Jake Epping ist Englischlehrer in Maine. Eines Tages offenbart ihm sein guter Freund Al ein unglaubliches Geheimnis. Im Hinterzimmer von Als Diner befindet sich ein „Portal“ in die Vergangenheit, genauer ins Jahr 1958. Und Al, der selbst todkrank ist, bittet Jake um die Durchführung eines tollkühnen Plans. Er soll das Attentat auf John F. Kennedy verhindern und damit die Geschichte positiv beeinflussen. Doch wie Jake sehr bald feststellen muss, erweist sich die Vergangenheit als äußerst „halsstarrig“ …
Mein Gott! Was für ein Schinken! Über tausend Seiten, über 30 Stunden Hörbuchlänge! Und da ich es von den meisten früheren King-Werken gewohnt war, mich durch die erste Hälfte eines Romans eher quälen zu müssen, war ich um so angenehmer überrascht, dass es bei Der Anschlag ziemlich früh zur Sache geht. Denn sehr rasch verabschiedet sich Jake, der sich fortan George nennt, ausgerüstet mit wertvollen Tips seines Freundes Al und ein paar antiken Sportergebnissen, die ihm ganz im Stil von Zurück in die Zukunft II hohe Gewinne beim Wetten bescheren sollen, ins Amerika der späten 50er Jahre.
Dort hat Jake zuerst noch ein paar persönliche Angelegenheiten zu regeln. So versucht er unter anderem ein kleines Kind vor einem Jagdunfall zu retten, bevor er sich in der Kleinstadt Jodie als Lehrer verdingt, um sein großes Vorhaben zu planen. Dort erlebt er auch ein paar fast märchenhafte Momente privaten Glücks. Er verliebt sich in eine junge Bibliothekarin und wird der gefeierte Leiter einer Schultheatergruppe.
Doch all das ist nur von kurzer Dauer. In Dallas, wo Jake sich in unmittelbarer Nähe des Kennedy-Attentäters Lee Harvey Oswald einquartiert hat, kommt er mehr und mehr ins Grübeln. Wie und wann soll er Oswald unschädlich machen? Welche Konsequenzen hätte sein Handeln wirklich für den Fortlauf der Geschichte?
Und mit Jake hadern auch wir Hörer, denn Stephen King nimmt uns mitten hinein in die amerikanische Lebenswirklichkeit der frühen 60er Jahre mit all ihrer Bigotterie, ihrem Rassismus und ihren Ängsten vor einer atomaren Katastrophe. Und er beschreibt uns Oswald als armen, tumben, von einer irren Idee fehlgeleiteten Wicht, für den man als Zuhörer oftmals eher Mitleid empfindet, genau so wie für seine Kinder und seine Frau Marina.
Und dann ist da noch die bereits weiter oben erwähnte „Halsstarrigkeit“. Denn Jake wird langsam aber sicher das Gefühl nicht los, dass für jede Korrektur, die er in der Vergangenheit vornimmt, an einer anderen Stelle eine mindestens ebenso große Katastrophe passiert …
Aber nun genug erzählt. Diesen Zeitreise-Trip mit einem ebenso überraschenden wie schockierenden Ende sollte sich jeder King-Liebhaber wirklich gönnen. Horror kann jeder. Horror war gestern. Und alle Kritiker, die Stephen King immer wieder vorwerfen, das, was er produziere sei ja keine Literatur, sollten nach Lektüre dieses Werks nun endlich geneigten Hauptes verstummen.
Dass Vorleser David Nathan den Roman in gewohnt großartiger Weise zu Gehör bringt, versteht sich natürlich von selbst. Meist dezent, nie chargierend erhält jede der Figuren durch seinen Vortrag ihre eigene persönliche Note.
Eine Hörprobe des bei Audible ungekürzt als Download erschienenen Hörbuchs gibt es hier!
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