Der Journalist Tom Hillenbrand schreibt als Tom König regelmäßig in der Kolumne Warteschleife auf Spiegel Online über oft haarsträubende Erlebnisse von Kunden in der Servicewüste Deutschland. Eine Auswahl der Kolumnen ist nun als Hörbuch erschienen, gelesen von dem Schauspieler Christoph Maria Herbst (Stromberg).
Ein jeder Hörer wird sich in der ein oder anderen Geschichte wieder finden. Sei es nun beim umständlichen Wechsel des Telefonanbieters, in endlosen Warteschleifen diverser Callcenter oder bei der Fahrt mit der Deutschen Bahn. Überall lauern Service-Fallen, die den betreffenden Kunden an den Rand des Nervenzusammenbruchs bringen. Christoph Maria Herbst bringt diese teils von eigenen Erlebnissen, teils durch Leserzuschriften inspirierten und im Kern wahren Schauergeschichten auf gewohnt humorvolle, niemals zu überdrehte Weise zu Gehör. Wer seine bisherigen Lesungen, etwa die der Romane von Tommy Jaud (Vollidiot) mag und schätzt, wird auch bei diesem Hörbuch nicht enttäuscht.
Auf Dauer etwas anstrengend sind die Bemühungen des Autors, ganz in Tommy-Jaud-Manier, in gefühlt jeden zweiten Satz einen Kalauer packen zu wollen. Viele der Gags sind doch ziemlich flach, und noch dazu ersaufen viele der vom wahren Leben inspirierten Figuren förmlich in Klischees, etwa die blond gesträhnte Furie von der Post, oder das „Service-Personal, das seit seiner Lehre in der DDR-Mitropa nichts dazu gelernt hat“ und bei dem man sich „nach einem Dosenbier an der Nachttanke sehnt.“
Gut, Satire darf das, Satire darf alles. Dennoch scheint der gute Herr Hilenbrand-König hin und wieder zu vergessen, dass sich da auch immer ein armes Serviceschwein an der Nachttanke den Hintern plattsitzen muss, nur damit der gut bezahlte Kolumnenautor nachts um 3 noch an sein Bier kommt. Und dass viele dieser Dienstleistungssklaven sicher gerne etwas anderes machen würden, wenn sie denn nur eine Wahl hätten. Zwar erwähnt er immer wieder die skandalösen Arbeitsbedingungen in einzelnen Branchen, etwa den Hungerlohn und Stress von Paketzustellern, allerdings nur um uns kurz darauf wieder damit amüsieren zu wollen, dass er den bei Tchibo bestellten Couchtisch mit der Sackkarre vom Postamt hat holen müssen, weil der Paketzusteller, der rein rechnerisch alle drei Minuten ein Paket zustellen muss, um auf einen Stundenlohn von zwölf Euro zu kommen, mal wieder nur eine orangefarbene Mitteilungskarte am Briefkasten hinterlassen hat.
Da kann sich das Mitleid mit Menschen mit derlei Luxusproblemen schon in Grenzen halten.
Interessant wird es allerdings in den letzten Kapiteln, in denen der Autor Wege aus der Servicewüste und effektive Beschwerdemöglichkeiten aufzeigt. Dazu braucht es seiner Meinung nach nämlich oft nicht mehr als eine gesunde Portion Hartnäckigkeit sowie ein paar E-Mails an die richtigen Adressen. Nur wenige Zutaten genügen für den perfekten Shitstorm, der in Zeiten des Web 2.0 am Image auch großer Unternehmen gehörig kratzen kann.
Insgesamt ist dieser Trip in die schöne neue Servicewelt oft amüsant, manchmal aber auch ziemlich platt. Hörstoff für den kleinen Querulanten in uns allen.
Eine Hörprobe gibt es hier!
Neueste Kommentare