Ich war etwa sieben Jahre alt, da fand ich eines Abends meinen Vater auf dem Sofa liegend mit Kopfhörern im Ohr und lauthals lachend vor. Er hatte sich kurz zuvor die MC Fast wia im richtigen Leben von Gerhard Polt und Gisela Schneeberger gekauft. Natürlich musste auch ich da mal reinhören. Zwar verstand ich noch nicht alles, aber dass ein Ehepaar sich mit Faustfeuerwaffen und Totschläger für einen Konzertbesuch fit macht, oder wie der kleine Heinz Rüdiger der Tante Trudel aus Australien auf Teufel komm raus nicht zum Geburtstag gratulieren will, das fand ich auch damals schon lustig. Klar, dass ich mich nach diesem ersten positiven Eindruck auch mit den weiteren Produktionen Polts vertraut machen musste. Außerdem kamen auch einige meiner Freunde in den Genuss des Poltschen Humors, und bald wurden Zitatfetzen wie „Ja, du Eeeelender!!!!“ oder „Mir ham uns heuer an, an Neger kommen lassen, ned, an Weihnachten.“ zum festen Bestandteil des Gebrauchswortschatzes.
Anfang der 90er Jahre war es mir schließlich vergönnt, einen Live-Auftritt Gerhard Polts in meiner Heimatstadt zu erleben. Auch das ein nicht weniger prägendes Erlebnis.
Anlässlich seines 70. Geburtstags hat nun der Verlag Kein & Aber eine umfassende Werkschau Gerhard Polts in einer schmucken CD-Box vorgelegt, versehen mit einem interessanten Beitrag des Autors Jürgen Roth, der mit Polt bereits in anderen Hörbuchproduktionen zusammengearbeitet hat und im beiliegenden Booklet ebenfalls den prägenden Einfluss Polts auf sein (künstlerisches) Leben beschreibt.
Der Erwin I, Leberkäs Hawaii und D´Anni hat gsagt, Polts erste Produktionen aus den späten 1970er und frühen 80er Jahren sind Sammlungen vorwiegend kurzer Szenen „fast wia im richtigen Leben“. Da ist die frustrierte ältere Dame, die von ihren Erlebnissen während einer Kulturreise nach Italien berichtet („Und in Perugia, da hat der Franz dann sein Durchfall kriegt vom Obst.“) oder der verzweifelt an die Öffentlichkeit appellierende Bombenbauer, der so gern schlimmeres verhindern möchte („Und ich hab auch nur Pasing gschprengt…“). Oder ein älterer Herr erzählt am Stammtisch vom Krieg („Der Dnjepr hier, ich da und der Russe in etwa da. Jetzt hat man sich natürlich gefragt: Wie hinüber?“). Das Faszinierende (und zugleich Beängstigende) an Polts satirischen Schilderungen ist: Solche Leute gab es und gibt es wirklich. Polt scheint ihnen lediglich aufs Maul zu schauen und an der ein oder anderen Stelle zugunsten einer guten Pointe satirisch zu überspitzen. In seinen Film. und Fernsehproduktionen (u.a. Man spricht deutsh und Fast wia im richtigen Leben) kamen einige dieser frühen Entwürfe dann auch „lebendig“ zum Vorschein. Und das um so eindrucksvoller.
Der zweite Teil der Box widmet sich den kabarettistischen Soloprogrammen Gerhard Polts.Die Mitschnitte aus den Jahren 1997 bis 2008 zeigen Polt als großartigen Bühnenschauspieler, dessen Protagonisten oftmals angesichts der Ungerechtigkeiten des alltäglichen Lebens kurz vor dem Zusammenbruch stehen (Die Hölle) oder in stoischer Ruhe davon erzählen, wie es auf der Welt aussähe, wenn sie einmal etwas zu sagen hätten (Die Verteidigung der Gummibären). Und dafür, dass sich manche Figur im Lauf des Auftritts zum cholerischen Psychopathen entwickelt, genügen auch hier scheinbar harmlose Ausgangssituationen, etwa ein Leasingvertrag oder zwei ukrainische „Hilfsarbeiter“, die der Schwiegervater vom Schwiegersohn freundlicherweise „vermittelt“ bekommen hat.
Ohne Zweifel, ohne Gerhard Polt wäre mein Humor ein anderer geworden. Und auch mein Blick auf meine Mitmenschen. Denn es hat einen entscheidenden Vorteil, mit Polts Humor im Gepäck durchs Leben zu gehen. Er macht es um einiges erträglicher.
Mehr Infos gibt es bei Kein & Aber!
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