Herbstblond – Die Autobiographie

herbstblond die autobiographieDer beste und bekannteste TV-Moderator der letzten 30 Jahre ist inzwischen 65 Jahre alt und zieht in seiner Autobiographie, die er selbst und nicht irgend ein Ghostwriter verfasst hat, Bilanz.

Wir erfahren von einer harmonischen Kindheit im beschaulichen Kulmbach, die allerdings einen schweren Einschnitt durch den frühen Tod des Vaters erfährt. Thomas bleibt aber eine Frohnatur und träumt von der großen, weiten Welt. Erste berufliche Stationen sind eine Lokalzeitung und mit Beginn seines Studiums der Bayerische Rundfunk in München, wo er zum aufmüpfigen Radiomoderator wird und dem einst pantoffeligen Schlagersender ein jugendliches Profil verleiht.
Gottschalk thematisiert seine Zeit beim Fernsehen, die neben dem Schlachtschiff Wetten, dass..? auch manchen Misserfolg brachte.
Er nimmt uns mit nach Kalifornien, wo er Anfang der 1990er Jahre mit seiner Familie eine neue Heimat fand. Und er gewährt auch kurze Einblicke in sein Inneres, etwa seine Einstellung zu den Themen Familie und Religion.

Leider sind solche persönlichen Momente eher dünn gesät, sodass man am Ende des vierstündigen Hörbuchs zwar viel über den volkseigenen Entertainer, aber leider wenig Neues über den Menschen Thomas Gottschalk erfährt.

Mehr persönliche Episoden, wie etwa die Geschichte seines ersten Dates mit seiner späteren Frau Thea, hätten dem Buch gut getan.

Und auch wenn Gottschalk sein berufliches Scheitern (Late Night, Gottschalk Live) thematisiert, hätte ich mir an manchen Stellen etwas mehr Selbstkritik gewünscht, anstatt den Schwarzen Peter all zu oft  „den Umständen“ zuzuschieben.

So wird es geradezu tragikomisch, wenn er versucht, seine Schauspielkarriere im bestmöglichen Licht darzustellen.  Aber der Thommy darf das, Millionen von Kinozuschauern und Fans geben ihm schließlich recht.

Außerdem gehöre ich eben jener Generation an, die jeden Nachmittag während der Hausaufgaben der legendären B3 Radioshow mit Thomas Gottschalk und Günther Jauch lauschen konnte und für die der Samstagabend Ende der 1980er noch zum familiären Pflichttermin gehörte. Denn dann lief Wetten, dass..?, und man konnte normalen Menschen bei verrückten Meisterleistungen zusehen. Und alles war gut.

Nach seinem missglückten ARD-Experiment Gottschalk Live empfand ich deshalb auch Mitleid für den Fernsehstar meiner Kindheit. Dieses wandelte sich allerdings zu dem Zeitpunkt in Entsetzen, als er 2012 entschied, sich zwischen Pop-Tyrann Dieter Bohlen und Model-Sirene Michelle Hunziker bei der Fremdschäm-Sause Das Supertalent zerreiben zu lassen.

So steht für mich nach dem Hören der Autobiographie die Erkenntnis, dass Gottschalk jemand ist, der einfach nicht ohne Spaß und Publikum auskommt. Da hat jemand Angst, nicht mehr gebraucht zu werden. Und so scheint es nur konsequent, dass er sich inzwischen eine Rückkehr zu Wetten, dass..? vorstellen kann, was man an oberster Stelle erfährt, wenn man just heute das Suchwort „Gottschalk“ bei Google eingibt.

Lieber Thomas,

lass es mich in der Art des mir sonst unerträglichen BILD-Kolumnisten Josef Wagner sagen:
Mach es nicht!
Ich sehe dich mit deinen Kindern und deiner Frau.
Kalifornien. Strand.
Nick Nolte kommt auf einen Sechserpack Bier vorbei.
Die Enkel am Wochenende.
Die Prostata drückt. Der Rücken schmerzt.
Aber du wirst immer der Größte bleiben.

Herzlichst,

Markus Stengelin
www.hoerspielsachen.de

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