Die Blutlinie

Ein halbes Jahr ist es her, seit ein Serienkiller das Kind und den Mann von Ermittlerin Smoky Barrett grausam ermordet hat. Eigentlich will sie den Polizeidienst an den Nagel hängen, doch dann wird ihre beste Freundin auf ähnlich entsetzliche Weise getötet. Schnell begreift Smoky, dass auch dieser Killer es auf sie und ihr nahes Umfeld abgesehen hat.

Ein irrer und blutiger Serienkillertrip erwartet den geneigten Hörer bei dieser vierteiligen Hörspielumsetzung des erfolgreichen Romans von Cody McFadyen.

Und der ist wirklich kein Freund der leisen Töne. Mit dicken, blutroten Pinselstrichen entwirft er ein Schreckensszenario, gegen das das Gesamtwerk von Sebastian Fitzek wirkt wie „Fünf Freunde im Zeltlager“.

Smoky bleibt wirklich nichts erspart, aber die gern und häufig monologisierende Ermittlerin wird nicht müde, sich und uns mit Durchhalteparolen bei Laune zu halten.
Denn schließlich muss „das Schwein“ ja geschnappt werden.
Und dafür ist Smoky und ihrem Team jedes Mittel recht.
Herrlich die Szene, in der sich Smoky auf dem Schießstand entscheidet, ihren Dienst beim FBI wieder aufzunehmen, an ihrer Seite ein schwer traumatisiertes Kind, das kurz zuvor noch tagelang an seine tote Mutter gefesselt war. Und wir Hörer erfahren auf diesem Wege, dass Smoky nicht nur eine der besten Pistolenschützinnen der Welt (!) ist, sondern auch gern mal „vier volle Magazine“ in ihre Widersacher pumpt.

Aber auch das Team hat es in sich. Kaum einer hat nicht ebenfalls ein schweres Päckchen zu tragen. Von Krebsdiagnose über Teenyschwangerschaft bis hin zu Psychopathen in den eigenen Reihen ist für jeden was geboten.

Mit klassischer Ermittlungsarbeit hält sich in der Abteilung keiner lange auf.
Neiiiiiiiin! Der Killer sieht sich schließlich als Nachfolger des legendären Jack the Ripper und versorgt die Polizei wiederholt mit selbst geschriebenen Hinweisen und Anrufen, die Smoky immer wieder zu Bemerkungen hinreißen lassen, wie „Er ist clever. Verdammt clever!“ oder „Er wird es wieder tun!“.
Wenn es wirklich mal was zu ermitteln gibt, winkt Autor McFadyen gern mit dem baumdicken Zaunpfahl oder konfrontiert die „Eliteeinheit“ mit Rätselversen auf Drei-Fragezeichen-Niveau.

Dennoch, oder gerade deshalb macht das Hörspiel über weite Strecken mächtig Spaß.
Man merkt nämlich den Beteiligten, allen voran Hauptdarstellerin Katy Karrenbauer, die Spielfreude an der Sache an.
Auch der übrige Cast ist durchweg hochkarätig. So sind etwa Martin May, Charles Rettinghaus, Patrick Bach und Kerstin Draeger mit von der Partie.
Letztere nervt allenfalls durch ihr überkandideltes Spiel etwas, und dadurch, dass ihr die Autoren zu oft „Schätzchen“ und „Heilige Scheiße!“ in den Mund legen.

Am Aufnahmepult sitzen keine Unbekannten. Regie führt nämlich Hörpspielikone Douglas Welbat („Macabros“) und ihm zur Seite steht Ila Panke, die zusammen mit Oliver Döring das Label IMAGA („End of Time“) ins Leben gerufen hat.

Die Macher sind sich dabei stets bewusst, dass sie es hier nicht mit Shakespeare, sondern mit blutigem Edeltrash zu tun haben.
Und so schimmert eben jener trashige Charme immer wieder durch, für den wir Kassettenkinder die ersten Erwachsenenhörspiele wie „Larry Brent“ oder „Macabros“ heute noch lieben.

Das wird unter anderem deutlich, wenn der Killer wieder mal eine DVD an das Ermittlerteam schickt, auf der eine seiner grausamen Morde zu sehen/hören ist.
Zart besaiteten Hörern kann da schon mal flau im Magen werden.

McFadyen ist nicht Simenon und auch nicht Thomas Harris, aber dank der süffigen Inszenierung erwartet den hartgesottenen Hörspielfreund hier ein durchgeknallter B-Movie-Slasher mit einem exzellenten Sprechercast, an dessen Ende die Erkenntnis steht, dass es wirklich nichts und niemanden gibt, den man nicht zu Tode kopulieren, zerstückeln und anschließend auffressen kann.

Weitere Infos gibt es hier!

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